Mar 14, 2011 Pedro May Europa, Montenegro (Skitour), Skitouren, 0
Diese Skitour im “verfluchten Grenzgebirge” zwischen Montenegro & Albanien ist ein Firnmonster über den albanischen Hochtälern zwischen den Gipfeln des Jezerce & Arapi. Während der Herrschaft des albanischen Diktators Enver Hoxer (Tod 1985), der Albanien zum rückständigsten Land Europas machte, war diese Region ein für Touristen unerreichbares Militärsperrgebiet. Dies gilt insbesondere für den höchsten Gipfel Jezerce des Prokletije Gebirges, der in Albanien liegt. Heute profitieren all jene Skitourengeher davon, die auf der Suche nach unendlicher Einsamkeit sind. Entdeckerfreude, sehr gute körperliche Fitness, guten Orientierungsinn und die Fähigkeit die Lawinensituation kritisch einzuschätzen sollte man auf alle Fälle mitbringen. Denn es versteht sich von selbst, dass man in der echten Wildniss keine Markierungen und keine Hinweise auf eine menschliche Existenz findet. Es gibt also keine Bergrettung, keine Gipfelkeuze und nur sehr selten Wegstreckenmarkierungen. Gute Sicht bedeutet in Montenegro und Albanien sonnige Tage mit einer sehr starken Sonneneinstrahlung. Es ist somit für einen ausreichenden Sonnenschutz, ausreichend Trinkwasser (unterwegs keine Wasser-Auffüllmöglichkeit) und Essen zu sorgen.
Skitourenbeschreibung Prokletije – Ropojan Tal
Skitour (1750 hm)
Vusanje (1060 m, Montenegro) – Jezerce (2694 m, Albanien)
Diese Tour und andere Touren im Prokletije Gebirge gehören zu den absoluten top Highlights des Balkans im Winter. Die schon fast spirituell anmutende Einsamkeit ist mit Bildern und mit Text nicht zu beschreiben. Deshalb: Eine absolute must-have-seen location!
Start: Ausgangspunkt für den Winterwander- als auch Skitourenweg ist der einspurige nicht befestigte Fahrweg ins Ropojan Tal, südlich von Vusanje. Das kleine Dorf ohne Versorgungsmöglichkeiten liegt südlich von Gusinje. Gusinje kann auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden.
Je nach Schneeverhältnissen und Fahrzeugart kann man auf der Erdstraße ins Ropajantal mehr oder weniger weit vordringen. PKWs können an dem Platz neben der Polizeistation (liegt kurz vor dem Ropojan Tal), oder sonst wo am Ortsrand Richtung Ropojan Tal abstellen. Fahrer von Allradfahrzeugen können sich einige Kilometer Fußweg sparen, indem sie den häufig mit Schnee und Eis bedeckten Track so weit fahren, bis nichts mehr geht. Am Wegesrand lässt sich immer ein ebener Fleck zum Parken (Camping) des Fahrzeuges finden.
Zu Beginn des unbefestigten Fahrweges findet man an einer Brücke ein blaues Hinweisschild mit dem Hinweis Ropojan und Dead End. Man folgt dem Weg geradeaus Richtung Ropojan.
Folgt man diesem Weg zu Fuß oder mit Tourenskiern für ca. 1 Stunde, so erreicht man einen Pfosten an dem mehrere gelbe Wanderweg- hinweisschilder angebracht sind. In unmittelbarer Nähe befindet sich ein Holzhaus das sich zum Übernachten vor dem Aufstieg ins steile Gelände anbietet. Dieses Holzhaus ist bei den Locals als “Militaryhouse” bekannt.
Es ist in der Regel geöffnet (defekte Fenster, Holzboden) und bietet für Selbstversorger die Isomatten, Campingkocher, etc. mitbringen ein perfektes Dach über dem Kopf. Insbesondere Winterwanderer die am darauf folgenden Tag um ca. 2 h Früh auf gefrorenem Schnee mit Steigeisen aufbrechen nutzen diese (ex-) Military Hütte als Materialdepot und Übernachtungsmöglichkeit.
Winterwanderer (siehe Grüne Linie auf Skitourenkarte Prokletije) brechen mit Steigeisen um 2 h Früh auf, gehen auf einer kürzen Strecke, als jene für Skitourengeher steil bergauf und sind am Nachmittag wieder zurück an der Military Hütte. Häufig wird Tag 1 als Anreise und Zustiegstag von Vusanje zur Military Hütte (liegt noch in Montenegro) genutzt. Am Tag 2 wird der Jezerce (in Albanien) bestiegen und gleichzeitig zurück nach Vusanje gegangen. Weniger sportliche mit mehr Zeit bleiben einen weiteren Tag in der Military Hütte und gehen dann am Tag 3 zurück nach Vusanje. Diese Tour ist bei Bergliebhabern aus Serbien, dem Kosovo und Bosnien-Herzegovina sehr beliebt.
Auf der wesentlich längeren Skitourenroute (siehe rote & blaue Linie auf Skitourenkarte Prokletije) wird man mit sehr großer Sicherheit keine Menschen treffen. Skitouren sind in Montenegro und Albanien zwar schon bekannt, werden aber kaum praktiziert. Geübte Skitourengeher mit guter Ausdauer können die Tour entspannt um 6 h früh in Vusanje starten, den Gipfel Jecerze um ca. 12 h erreichen und um ca. 15 h wieder am Ausgangspunkt in Vusanje zurück sein. Winterwanderer könnten diesen wesentlich längeren Weg keinesfall an einem Tag zurück legen. Deshalb wird man als Skitourengeher sicher alleine sein. Dies hat seinen Reiz, hab aber auch den Nachteil, dass in einem Notfall (Lawine, Kreislauf, Knochenbruch, etc.) niemand Hilfe leisten kann. Eine per Telefon erreichbare Bergrettung ist bislang nicht bekannt.
Fahrweg – Talschluss (8 km, 200 hm):
Von Vusanje aus läuft man mit den Tourenskiern für ca. 8 Km in relativ flachem Gelände bis zum Talschluss. Der Talschluss ist als Grenze Montenegro – Albanien zu betrachen. Vor dem Talschluss befinden sich mehrere (zugefrorene) Seen bzw. dicke Eisschollen auf einer ersten Hochebene, umrahmt von steilen eindrucksvollen Felswänden. Diese passiert man in sicherem Abstand (oberhalb) auf der linken Seite in einem Waldgebiet. Dieser Wegabschnitt ist nicht markiert. Erst im oberen Waldabschnitt gibt es Markierungen die anzeigen, dass man den richtigen Weg geht: Runder rot-weißer Kreis.
Talschluss – zweite Hochebene (6 km, 350 hm):
Am absoluten Talschluss, nach dem letzten See sucht man sich links einen Weg (selbst spuren) durch ein mehr oder weniger steiles Waldstück. Nach ca. 30 Minuten Spitzkehren schlagen durch das Waldgebiet erreicht man eine zweite Hochebene. Von hieran ist die Orientierung bei guten Sichtverhältnissen sehr einfach. Man läuft immer Richtung Arapi Spitze. Die Arapi-Spitze (2217 m) ist ein sehr markanter Felsblock der dem Zuckerhut in Rio de Janeiro ähnlich ist.
Für eine weitere 30 Minuten überquert man die sonnendurchflutete piktureske Hochebene bis man vor einer Felswand steht. Diese lässt sich bei (sehr) niedriger Lawinengefahr auf der linken Seite durch ein schmales Kar (Abkürzung) überwinden. Eine lawinensicherere Option stellt der etwas längere Anstieg auf der Rechten Seite dar. Nach einem ca. 20 Minuten Aufstieg erreicht man ein kleines Plateau, an dem man den Ausblick auf den grandiosen Anstieg auf den Jezerce in östlicher Richtung bewundern kann.
Zweite Hochebene – Gipfel Jezerce (2 km, 1200 hm):
Auf diesem Plateau heißt es abfellen und für ca. 100 hm in eine lawinensichere Mulde abzufahren. Danach beginnt der ca. 2,5 h lange, teils steile Anstieg (1200 hm ) in einem leicht kupierten Gelände auf den Jezerce (2694 m). Je nach Wahl der Wegstrecke besteht hier eine (relativ geringe) Gefahr von Steinschlag. Deshalb ist ein Helm für diesen Streckenabschnitt sehr ratsam.
Rückweg Jezerce – Vusanje (2 h, Firnabfahrt, Schiebestrecken in ebenem Gelände mit und ohne Felle):
Der Höhepunkt und die große Belohnung für die grandiose Skitour in einem sehr abwechslungsreichen, absolut unerschlossenem Gelände (bis auf wenige Wegpunktmarkierungen auf albanischer Seite) ist die 1200 hm Abfahrt auf breiten südwestlich ausgerichteten Firnhängen (siehe blaue Linie auf Skitourenkarte Prokletije). Für den Rückweg bietet es sich an, den zuvor beschriebenen Gegenanstieg von ca. 100 hm zu sparen. Man kennt den Rückweg, (rechts neben einem zerfallenen albanischen Steinhaus mit Flachdach) durch das zuvor (evtl. wegen Lawinengefahr) gemiedene Kar auf direktem Wege zur zweiten Hochebene nehmen. Dies garantiert ein paar zusätzliche Schwünge und ist bei der Abfahrt nicht so gefährlich wie im Aufstieg.
Für den Rückweg ist trotzdem relativ viel Zeit einzuplanen. Denn wie man während der Zustiegsstrecke schon erkennen kann, sind weite Streckenabschnitte auf Grund des geringen Gefälles insbesondere auf der ersten und zweiten Hochebene reine Schiebestrecken, die je nach Schneebeschaffenheit mit oder ohne Felle zurückzulegen sind. Dies kostet sehr viel Kraft, insbesondere nachdem man bereits 1750 hm und über 16 Km Wegstrecke zurückgelegt hat.
Skitouren- & Winterwanderkarte
Prokletije, südlich Vusanje (albanischer Gipfel Jezerce, die montenegrinisch-albanische Königsskitour)
Gipfel Romljen, Arapi/ Maja Harapit, Ropojan Tal, Seen Buni i Jeserce, Cafa e pejes,
(Ausschnitt, topographische Karte 1980, M 1 : 25000)
Karte
vom Prokletije Gebirge, welches sich über die Länder Montenegro, Albanien und Kosovo erstreckt.
© http://mappery.com/map-of/Proposed-Balkans-Peace-Park-Map
Satalitenbild
vom Komljen Massiv (Ropojantal), welches sich über die Länder Montenegro, Albanien und Kosovo erstreckt.
http://travelingluck.com/Europe/Montenegro/Montenegro%20%28general%29/_3337715_Komljen.html#local_map
Allgemeine Hinweise
Das wilde unerschlossene Prokletije Gebirge, dessen höchste Berge in Albanien stehn sind der Inbegriff des wilden Ostens. Wer sich hier bewegt wird schnell begreifen, warum Prokletije zu deutsch “verflucht” bedeutet.
Bergsteiger haben sicherlich lange Zeit die über 40 Jahre lange Isolation Albaniens zur Außenwelt verflucht. Denn die vielen hohen Gipfel des Prokletije markieren die Grenze zwischen Albanien und Montenegro. Natürliche Barrieren aus fast unüberwindbaren Felsriegeln zwischen denen sich im Sommer eine Seenlandschaft mit überzeugender Schönheit breit macht. Im Winter lassen sich diese Seen mit dicken Einschollen an deren Oberfläche ausfindig machen. In den albanischen Hochtälern zwischen dem höchsten Berg des Prokletije, dem Jezerces (2694 m) und dem markanten Felsriegel Arapi (2217 m) der über dem albanischen Bergdorf Thethi tront und ein wenig dem Zuckerhut in Rio de Janeiro gleicht, sind (fast immer) ganzjährig geschlossene Schneefelder (also auch im Sommer) anzutreffen.
Unzählbar viele Kare ohne Namen warten darauf begangen zu werden. Sonnige Firnabfahrten ermöglichen Höhendifferenzen von bis zu 1000 hm in einem Rutsch in steilem, als auch teils flachem Gelände. Wer das albanische Prokletije Gebirge vom montenegrinischen Vusanje (südlich von Plav/ Gusinje) aus ansteuert muss teils sehr lange Zustiege (über 10 km und mehr) in die Hochtäler in kauf nehmen.
Sonstiges
Parallel zum Ropojan Tal verläuft das Grbaja Tal. In diesem Tal ergeben sich ebenfalls unendliche Skitourenvarianten auf die montenegrinisch-albanischen Grenzgipfel, die wahrscheinlich noch unbekannter sind als jene mit Startpunkt im Ropojan Tal.
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